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Angampora. Vielleicht die älteste aller Kampfkünste.

Auf Behance finden sich die beeindruckenden Bilder von Reza Akram, die moderne Angampora-Kämpfer zeigen. Er erlaubte uns großzügigerweise die Benutzung seiner Fotos. Das war natürlich spannend und musste nachgeforscht werden!

Was aber ist nun dieses Angampora aus Sri Lanka?

Es handelt sich um die vielleicht älteste Kampfkunst der Welt, glaubt man der offiziellen Website: "Unsere Kampfkunst reicht, historisch belegbar, 33.000 Jahre zurück." Dafür gibt es leider keine Belege, auch zwei oft zitierte Sanskritquellen lassen sich in keiner Bibliothek finden, aber sicher ist Sri Lanka schon sehr lange menschlich besiedelt. Eindeutige Bildnachweise gibt es aber für das 14. Jahrhundert. Die sogenannten Singhalesen - indoarische Einwanderer - sind nachweislich um ca. 500 v.u.Z. eingewandert und es ist anzunehmen, dass sie eine Kampfkunst mitgenommen haben, die sich, zusammen mit den Techniken der Ureinwohner, den Vedda, zum Angampora entwickelt hat.

Die Insel Sri Lanka war immer ein strategisch bedeutsamer Ort und im Laufe seiner Geschichte vielen Begehrlichkeiten seiner Nachbarn ausgesetzt. Aber weder chinesische, noch indische Eroberer gelang eine dauerhafte Besetzung. Auch die Portugiesen wurden im 16. Jahrhundert trotz überlegener Waffen immer wieder zurückgedrängt und konnten sich nur an den Küstenstrichen festsetzen. Erst den Briten gelang es ab 1796 sich festzusetzen. Es dauerte aber bis 1815, bis das letzte Königreich der Insel geschlagen wurde.

Die Briten verboten Angampora umgehend, verbrannten alle Schulen, die sogenannten angam madu und töteten die einflussreichsten Lehrer. Jedem Sri Lanker, der bei der Ausübung dieser Tradition gefasst wurde, war in die Knie zu schießen. Drastische Maßnahmen, die zum einen von einem gehörigen Respekt zeugen, aber zum anderen beinahe zum Verschwinden dieser Tradition geführt hätten. Nur in einigen wenigen Sippen wurde das Wissen weiter bis zum heutigen Tag konserviert. Seit der in Sri Lanka äußerst populären Dokumentation von 2011, "Angam", lebt Angampora aber wieder deutlich auf.

Viele Dinge sind interessant an dieser Kampfkunst. Ein großer Unterschied zu allen mir bekannten Traditionen ist, dass Mann und Frau bei der Ausübung komplett gleichgestellt sind und waren. Für bekannte Systeme mit Historie wie z.B. Pankration, Kung Fu, Karate oder Muay Thai trifft das historisch ja nicht zu.

Sehr faszinierend ist auch, dass Angampora so viele Facetten umfasst: Von eigenen Meditationstechniken, über Grappling-, Waffen- und Schlagtechniken, zu Heilmethoden und Zaubersprüchen. Vielleicht hat sich, gerade durch die Verfolgung, hier ein komplexes, einst militärisches Kampfkunst-Sytem ursprünglicher erhalten, als dies moderne Formen bieten können.

Wie viele asiatische Systeme wirkt Angampora stark ritualisiert und zeigt auch ausgeprägte, spirituelle, vom Buddhismus geprägte Seiten. Auszubildende durchlaufen einen langwierigen Test auf Charakter und Temperament, um zu gewährleisten, dass die Kenntnisse nicht zum individuellen Vorteil genutzt werden. Wie Großmeister Ajantha Mahantharachchi es ausdrückt: "Nicht jeder kann Angampura lernen. Sein Horoskop muss interpretiert werden. Das ist bedeutsam und zeigt uns die Erlebnisse jedes Individuum in den vorigen Leben. Wir müssen auch in Erfahrung bringen, wie die allgemeine Lebenserwartung jeder Person ist und ob sie die Eigenschaften eines Kriegers hat."

Angampura gliedert sich praktisch in vier Aspekte:

Angam ist die Kampfkunst ohne Waffen und teilt sich in Gataputta, was man modern Submission-Wrestling nennen könnte (wie unser Luta Livre z.B.) und Pora Haramba, ins moderne Westliche schlecht als "Kickboxen" übersetzt.

Illangam bezieht Waffen mit ein. Gelehrt wir der Umgang mit Schild, Speer, Stock, Lang- und Kurzschwert und dem typischen Ethunu Kaduwa, bestehend aus fünf beidseitig geschärften Metallbändern. Insgesamt gibt es 64 verschiedene Waffentypen und alleine 32 verschiedene Schwerter.

Nilangam verwendet geheime Akupressurpunkte. Das mag für den heutigen Westler nach Wellness-Urlaub klingen. Legendäre Kämpfer können damit aber Schmerzen bereiten, lähmen, den Gegner Blut erbrechen lassen oder sofortige Inkontinenz herbeiführen. Und natürlich stante pede töten. Oder heilen.

Maya Angam benutzt magische Sprüche, Verzauberungen, Gesänge und Verfluchungen, um den Gegner kampfunfähig zu machen, zu schwächen oder zu töten.

Wichtige Bestandteile der Ausbildung zum Angampora-Krieger sind aber auch verschiedene Meditationstechniken, die den Yoga-Asanas ähneln, Kräuterkunde, eine spezielle Form des Ayurveda und - ganz wichtig - die Kriegsmusik, hauptsächlich spezielle Trommelrhythmen.

Noch ist diese Ausformung der Kampfkunst aber ein Exot und es ist bislang recht schwierig, an Material zu kommen. Ich bin auf die zukünftige Entwicklung sehr gespannt und hoffe, bald mehr von dieser alten, respektablen Kunst zu hören.

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